Anreise
Noch ein dreiviertel Jahr, noch zwei Monate, noch eine Woche – heute, 30. Mai 2025. Nach schier ewigem Warten voller Vorfreude ist es soweit: Der Segeltörn beginnt. Es ist ein sonniger Freitag um 14 Uhr. Einer nach dem anderen trudelt auf dem Platz der Völkerfreundschaft ein, die Vorfreude ist größer als das Gepäck. Wir steigen in die Autos und nach reichlich sechs Stunden stehen wir im Hafen der beschaulichen Ostseestadt Barth.
Wir verstauen unser Gepäck auf unserem Boot, der Aladin. Nach einer kurzen Besprechung geht es dann ermüdet in unsere Kojen.
Tag 1 Barth - Barhöft
Nach der vom lauten Plätschern des Meeres geprägten Nacht stärken wir uns mit einem sporadischen Frühstück aus den von uns mitgebrachten Sachen. Während ein Teil unserer Crew einkaufen geht, prüfen die Anderen das Boot und die Ausrüstung auf Vollständigkeit. Nach einer ausführlichen Sicherheitseinweisung geht es endlich los: Leinen los, ablegen. Und nach ein paar Manövern im Hafen geht es endlich raus auf die Ostsee. Als wir dann die ersten Meilen unter Segeln im Barther Bodden fahren, erscheinen uns einige Dinge, die wir zuvor in der Theorie durchgesprochen haben, auf einmal logisch. Mit den ersten Manövern, Wenden und Halsen, vergeht der Tag wie im Flug und es wird Zeit, den nächsten Hafen anzusteuern: Barhöft. Dort angekommen, den Anleger-Schluck getrunken, horchen wir gespannt den Erzählungen der Besatzung der Moulin Rouge über ihren ersten, ungewollt ereignisreichen Tag (Vorsegel defekt, Grundberührung und unklare Schleppleine…). Anschließend lassen wir mit Kochen, Essen, Baden, Spielen, Singen und dem Kampf gegen eine endlose Armee von Mücken den Abend des ersten Tages entspannt ausklingen.
Tag 2 Barhöft - Glowe
Nach einem stärkenden Frühstück stechen wir – zerstochen von den Mücken – in See. Mit Rückenwind passieren wir Hiddensee. Nach einer Kursänderung hissen wir unser extra Segel – einen Blister. Damit sind wir nicht allein: Ein weiteres Boot unserer kleinen „Flotte“, die Ronja, zieht nach. Karsten meint, wir wären die zwei schönsten Schiffe weit und breit. Leider bleiben nicht alle von Seekrankheit verschont. Vorbei an Kap Arkona steuern wir unseren Ankerplatz an – eine Bucht bei Juliusruh – nach Westen perfekt geschützt.
Während wir uns dieser nähern, zieht allerdings ein gewaltiges Gewitter auf. Im strömenden Regen mit Graupelanteilen führen wir das Ankermanöver durch und verschwinden schnell unter Deck. Nachdem der Regen abgeklungen ist, ist es an der Zeit, die anderen Boote, die in der Nähe ankeren, schwimmend zu besuchen. Durch unsere Badepause gut gekühlt, fangen wir an zu kochen. Nach dem Essen heißt es: Ankerwache. Es muss also die ganze Nacht immer einer an Deck bleiben um ein mögliches Vertreiben des Bootes rechtzeitig zu bemerken.
Tag 3 Glowe - Yachthafen Peenemünde Nord
Die Ankerwache gut überstanden, essen wir schnell und holen den Anker ein. In der Bucht, in der wir geankert hatten, üben wir nun Fender über Bord-Manöver unter Segeln und machen uns danach weiter auf den Weg. Mit ordentlich Wind und Krängung passieren wir die Kreidefelsen Rügens. Wir nehmen Kurs auf die Greifswalder Oie und lassen uns vom Wind schieben. Näher an unserem Ziel Peenemünde passieren wir die Insel Ruden, wo wir reichlich Robben in freier Wildbahn entdecken. Kurz darauf erreichen wir den schönsten Hafen unserer Reise: Peenemünde. Nach einem spannenden Anlegemanöver beobachten wir den schönen Sonnenuntergang, der das Ende des Tages darstellt.
Tag 4 Yachthafen Peenemünde Nord – Marina Lubmin
Der Tag beginnt mit einem Highlight. Alle willigen Frühaufsteher versammeln sich, um gemeinsam bei einer Laufrunde, die Brötchenversorgung für alle Boote zu sichern. Frisch gestärkt und mit gutem Gefühl, bereits produktiv gewesen zu sein, legen wir ab und fahren noch einmal am Ruden vorbei. Der Tag bringt neben weiterer Segelerfahrung auch eine große Badepause für uns, bei der wir das Boot kurzerhand zum Sprungturm umfunktionieren. Gutgelaunt laufen wir anschließend in den Hafen ein und machen uns bereit, den Sonnenuntergang vom Strand aus anzusehen, was sich später durch Bewölkung als nicht möglich herausstellen sollte.
Tag 5 Marina Lubmin – Marina Neuhof
Der Morgen beginnt mit dem mittlerweile traditionellen Frühstück im Cockpit. Trotz des eher überschaubaren Platzes mit sieben Mannschaftsmitgliedern genießen wir bei gutem Wetter das Frühstück. Heute steht das Training von An- und Ablegemanövern auf dem Plan. Mit der nötigen Ruhe und gleichzeitigem Fokus, stehen uns die Skipper immer tatkräftig zur Seite, auch wenn der Platz im Hafen oder unter dem Kiel mal knapper wird.
Die Ronja und die Moulin Rouge liefern sich währenddessen ein Rennen zur „weltbesten Fischbrötchenbude“ in Wieck; nach einer spektakulären Übergabe der mitgebrachten Bismarck-, Matjes- und Backfischbrötchen von Boot zu Boot in voller Fahrt auf dem Wasser genießen auch wir unsere Mittagsmahlzeit.
Aber der Tag sollte einige Überraschungen für uns bereithalten, so z.B. einiges an kräftigem Wind. Als letztes Boot der Flotte sehen wir, wie die anderen Boote voraus mit den Böen zu kämpfen haben. In weiser Voraussicht gibt unser Skipper Kommandos zum Reffen der Segel, um sich nicht vollständig der Böen auszusetzen. Die Aktion ist von Erfolg gekrönt und wir kommen souverän durch alle Herausforderungen und als Erste im Hafen an. Eine Reparatur der Rollreffanlage an Bord der Moulin Rouge in luftigen 17m Höhe verhindert Langeweile und zeigt uns die Vielseitigkeit des Segelns auf.
Tag 6 Marina Neuhof – Barth
Unser letzter Segeltag ist durchaus nichts für Langschläfer: 03:30 Uhr Aufstehen, 04:00 Uhr Ablegen und Start in Richtung Stralsund, um den Brückenzug um 05:20 Uhr zu passieren. Mit der Ausfahrt aus dem Hafen in der Morgendämmerung können wir uns trotzdem noch an den zahlreichen Lichtern und Feuern orientieren, welche uns den richtigen Weg weisen. Nach Hafenrundfahrt mit Vorbeifahrt an der Gorch Fock und Frühstück im Hafen segeln wir weiter durch den Strelasund. Die Besatzung der Moulin Rouge demonstriert noch die Funktion unserer Rettungswesten und danach segeln wir selbstständig ohne Anweisungen der Skipper! Der Wind lässt uns anfangs im Stich, doch wir meistern auch das. Wir nehmen wieder Kurs in Richtung Nordost und haben damit unsere Rügen-Umrundung abgeschlossen! Nach medizinisch bedingtem Zwischenstopp in Barhöft fahren wir wieder ins Fahrwasser des Boddens ein, weil der Wind direkt von vorn kommt, unter Motor. Als es die Tiefe rechts und links des Fahrwassers endlich wieder zulässt, kommen unsere Segel zum Einsatz. Alle zeigen dann bei Manövern wie Wende, MOB und Beidrehen, was sie in der Woche gelernt haben. Voller Freude über das Gelernte und das Gefühl einer eingespielten Mannschaft nehmen wir Kurs auf unseren Ausgangs- und Zielhafen Barth, um ein letztes Mal anzulegen und den letzten Abend einzuläuten.
Caspar Friedrich und Valentin Fretsch