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Wenn der Stille etwas zu sagen hat

Predigt zu Mk 3,22

Ein durchaus schwieriger, man sagt auch sperriger Text. Es ist die Rede von Dämonen und vom Beelzebul. Ich denke mal keiner von uns glaubt noch an Dämonen, auch wenn wir manchmal diesen Ausdruck in dem Zusammenhang dämonischer Kräfte gebrauchen, wenn es zum Beispiel um Krieg oder Gewaltverbrechen geht und auch der Begriff des Beelzebuls für den Teufel ist eher ungebräuchlich und nicht gerade unser Thema.

Denn selbst das Wort Teufel verwenden wir eher in einer flapsigen Weise, zum  Beispiel wenn etwas teuflisch ist, dann ist es vielleicht verschlagen oder auch spitzbübisch, aber nicht wirklich in Beziehung auf den Teufel, als Wesen der Unterwelt. Darüber sprechen wir eher in Witzen oder allgemein etwas belustigt oder machen uns Teufelssoße, also extra scharfe Soße auf die Bratwurst oder das Steak.

Aber worum es hier in der Geschichte geht ist etwas ganz anderes, etwas das ebenso nicht mehr in unserer moderne Gedankenwelt passt, nämlich dass Menschen von bösen Mächten besetzt sind und dass man ihnen nur helfen kann, wenn man diese austreibt.

Eigentlich denken wir wohl bei einer dämonischen Besessenheit eher daran, dass einer schreit und kreischt und wild um sich schlägt, aber hier geht es ganz anders, der Dämon bringt den Menschen zum Schweigen. Das kann auch ganz schön gruselig sein, wenn einer gar nichts sagt, einen vielleicht nur anstiert oder apathisch in die Luft starrt, dann denken wir der ist verrückt oder ignoriert uns einfach, dabei kann er gar nicht reden. Es ist da etwas in ihm, das ihn zum Schweigen bringt und verhindert mit seiner Umwelt zu kommunizieren.

Wir sind es ja eher gewohnt, dass die Welt um uns herum laut ist und sich jeder Gehör verschaffen will.

Das ist ungewohnt und war es wohl auch für die Zeitgenossen Jesu. Umso mehr muss es sie gewundert haben, dass Jesus diesen Menschen wieder zu Wort kommen lässt, ihm Gehör verschafft.

Das bringt die Leute dazu Jesus Vorwürfe zu machen und sogar abstruse Behauptungen aufzustellen. Jesus stellt das sehr schnell ad absurdum. Sicher kann man Feuer mit Feuer bekämpfen, das ist eine alte Weisheit, aber niemand kann mit Bösem Gutes erreichen. Aber dass Jesus Gutes tut, scheint den Leuten gar nicht zu gefallen, daher behaupten sie er steht mit finsteren Mächten in Verbindung, auch wenn er Gutes tut, denn daran ist ja kein Zweifel.

Eine andere alte Weisheit sagt: Wer hilft hat Recht. Doch leider wird das noch immer viel zu wenig beachtet, dafür könnten wir auch heute viele Beispiel finden. Da retten Hilfsorganisationen Flüchtlinge auf dem Mittelmeer und die Kapitäne werden dafür angeklagt, weil sie damit gegen die Einwanderungsbestimmungen des jeweiligen Landes verstoßen hätten oder werden gar als Menschschmuggler angeklagt.

Genau wie bei Jesus, geht es den Zuhörern gar nicht um die Anerkennung der guten Tat, sondern um ihre ganz eigene Interpretation, sie streiten um Worte und Deutungen, um ihr eigenes Weltbild in den Vordergrund zu stellen und recht zu behalten.

Heute ist es ähnlich, da geht es ums Debattieren und ums Rechthabenmüssen, aber nicht um die Sache selbst.

Das beste Beispiel dafür ist ein Beitrag aus dem ZDF-Studio von letzter Woche. Da lässt ein Nachrichtensprecher aus reinem Blödsinn eine Papierflieger durch das Studio fliegen und sogleich gibt es eine riesige Debatte im Internet darum, ob der das darf und ob er damit nicht die Gefühle derer verletzt hat, über deren Leid er gerade berichtet hatte. Den Krieg in der Ukraine oder die Vergiftung der jungen Frauen und Mädchen im Iran und ob er damit nicht menschenverachtend gehandelt habe, dabei wollte er nur einmal, sicherlich etwas unüberlegt, aber sicher nicht mit böser Absicht, einen kleinen Gag machen.

Manche müssen eben um jeden Preis immer ihren Senf zu jeder Sache dazugeben. Und so folgt da auch wieder auf die eine Meinung einer Gegenmeinung und es bilden sich Lager und am Ende gibt es eine richtige Schlammschlacht, die aber ohne jeden Sinn ist und von etwas redet, was nie Thema war.

Darum ist diese Geschichte um Jeus auch für uns noch wichtig, er lenkt den Blick auf die wichtigen Dinge, auf den Menschen und sein Gesund-, sein Heilwerden. Viel wichtiger wäre es doch zuzuhören und echtes Interesse am anderen zu zeigen.

Das gibt die Möglichkeit den anderen zu entdecken, wieder einmal Staunen zu lernen über andere, auch über Menschen, deren Meinung und Überzeugung wir nicht teilen. Das wäre echte Toleranz, denn sie bedeutet nicht das jeder alles sagen darf, sondern auf den anderen zu hören und seine Meinung zu akzeptieren, auch wenn wir es so nicht machen würden. Ich muss nicht gutheißen, was andere Tun, aber dass ich eine andere Überzeugung habe, anders denke und handle, bedeutet nicht, dass der andere falsch liegt.

Darum ist es so wichtig zuzuhören, besonders wenn nicht der Lauteste schreit, sondern gerade, wenn der, der bisher ganz still war etwas sagt, denn vielleicht hat gerade der in seiner Stille genug Zeit gehabt über das, was er sagt auch wirklich nachzudenken und damit der ist, der die bösen Geister und losgeworden ist, von denen die anderen noch immer besessen sind, ohne es zu merken.

Und der Friede Gottes, der höher ist, denn alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

(Es gilt das gesprochene Wort!)

Pfr.i.E. Kay Lohse