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Was will Jesus eigentlich?

Was will Jesus eigentlich? Weiß er, was er von den Leuten will? Er schickt heute zehn Aussätzige zu den Priestern, weil er sie gesund machen möchte. Neun von ihnen machen genau das, was er sagt. Sie gehen, so wie es das Gesetz vorschreibt, zu den Priestern. Sie machen es offiziell, ohne dass sie schon rein sind. Auf dem Weg dorthin werden sie vom Aussatz geheilt.

Doch nur, wenn ein Priester es bestätigt, darf der Kranke als gesund gelten und wieder in die Gemeinschaft. Also machen sie doch das Richtige. Doch komischerweise wird der eine gelobt, der sich nicht an die Anweisungen gehalten hat. Zu Beginn der Geschichte geht es erstmal nur um einen Wunderheiler namens Jesus. Solche Leute liefen zu seiner Zeit häufiger rum im Heiligen Land und manchmal hatten sie auch Glück und jemand wurde geheilt oder es ging ihm besser. Deshalb ist es nur verständlich, dass die Gruppe Aussätziger ihr Glück versucht. Und super, dass es geklappt hat. Alle zehn werden gesund, das ist fast unglaublich. Doch das viel Wichtigere, das hier passiert, ist unsichtbar mit diesem einen geschehen.

Das Evangelium sagt: „Einer von ihnen kehrte um…“ Was bedeutet das? Zunächst einmal, dass er einfach zu Jesus zurückgegangen ist. Doch Umkehren meint im biblischen Zusammenhang noch mehr. Umkehr ist, wenn man sich wieder auf Gott ausrichtet oder sich von ihm ausrichten oder richten lässt.

In dieser Aussage liegt eine tiefgreifende Erkenntnis. Dieser eine ist nicht nur durch Glück oder Zufall von einem Wunderheiler gesund gemacht worden. Dieser eine hat festgestellt, dass durch die Heilung etwas entscheidendes Passiert ist.

Er hatte eine echte Begegnung mit dem lebendigen Gott. Er ist in ganz tiefgehender Weise Jesus begegnet. Der wahrer Gott und wahrer Mensch ist. Ich glaube, das war ihm gar nicht bewusst. Ist auch egal, was er wusste. Er hat einfach gespürt, da ist jetzt was Außergewöhnliches passiert.

Und instinktiv schmeißt er sich vor Jesus zu Boden und macht also eine Geste, die nur Gott oder in der damaligen Welt allerhöchstens Kaisern und Königen zukommt. Jesus fragt dann auch noch nach: „Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren…?“ Jesus weist hier sehr explizit auf seine Göttlichkeit hin. Nach der damaligen Vorstellung und dem Gesetz haben die anderen alles richtig gemacht. Sie haben nach ihren Vorstellungen auch Gott die Ehre erwiesen, weil sie das Gesetz eingehalten haben.

Doch wenn ich mit Gott eine echte Erfahrung gemacht habe, wenn ich erkannt habe, dass diese Erfahrung in der Begegnung mit Jesus gründet, dann steht eins an erster Stelle: Eine Beziehung mit diesem Jesus zu haben. Wenn ich Jesus nah sein kann, dann bin ich auf Gott ausgerichtet. Dann tritt sogar das Gesetz in den Hintergrund. Das kann ich dann immer noch einhalten. Aber es wird nicht mein Lebenssinn.

Mein Lebenssinn ist die lebendige Begegnung mit Jesus. Damals direkt, heute in der Begegnung mit anderen Menschen, im Hören seines Wortes in der Bibel. All das kann uns in die heilsame Begegnung mit Jesus, dem lebendigen Gott führen. Als Christen haben wir viele Gebräuche und Riten. Wir haben die zehn Gebote und wir haben uns auf noch mehr Regeln und Gesetze unseres Zusammenlebens geeinigt. Die sind meines Erachtens sehr wichtig. Sie stiften Gemeinschaft mit Gott und untereinander. Doch wenn die lebendige Beziehung mit Gott fehlt, zu der wir immer wieder eingeladen sind, dann sind alle Regeln, Gesetze und Riten leer.

Ich wünsche uns, dass wir uns immer wieder von Gott berühren lassen. Dass wir Gott in unser Leben einladen und den Kontakt mit ihm suchen. Ich glaube, dass er dann erfahrbar werden kann. Heute hier im Gottesdienst, in der Heiligen Schrift und in der Begegnung mit anderen Menschen. In unserer Klasse, in der Schulgemeinschaft, im Alltag. Dann können wir Jesus erkennen auch in der Mitschülerin, die uns immer auf den Geist geht oder in dem komischen Typen in unserer Klasse.

Jesus weiß genau, was er will. Er will mit uns in eine heilsame Beziehung treten, er wartet auf uns. Die Regeln und Gesetze werden durch Jesus nicht wertlos, sondern wir können sie durch ihn mit neuem Sinn erfüllen. Auf die Begegnung mit dem lebendigen Gott kommt es an. Amen.

Christoph Marggraf, kath. Schulseelsorger